Was ist das?

Primär biliäre Cholangitis (PBC) ist eine seltene autoimmune Leberkrankheit, die in 90% der Fälle Frauen betrifft. Zunächst werden die Gallengänge in der Leber angegriffen und durch eine Entzündung zerstört. Langfristig greift die Entzündung auf das gesamte Lebergewebe über und kann im Endstadium zur Zirrhose führen.

Der ursprünglich verwendete Name „primär biliäre Zirrhose“ war irreführend, da die PBC heute in sehr frühen Stadien diagnostiziert werden kann, lang bevor eine Zirrhose entsteht. Dank früher Diagnosen und Therapien entwickeln zwei Drittel der PBC-Patienten heute überhaupt keine Zirrhose mehr. Das Zirrhose-Wort führte bei der Erstdiagnose oft zur Verunsicherung von Patienten.

Im Frühjahr 2014 startete die Deutsche Leberhilfe e.V. gemeinsam mit der britischen PBC Foundation UK eine Initiative, den PBC-Namen anzupassen. Ende 2014 und im Frühjahr 2015 haben internationale Fachverbände beschlossen, dieser Initiative zu entsprechen: Inzwischen wird die Erkrankung unter dem neuen Namen „Primär biliäre Cholangitis (PBC)“ geführt.

Wie ist die Lebenserwartung?

PBC verläuft von Patient zu Patient sehr unterschiedlich. Eine Untergruppe mit besonders mildem Verlauf hat über 20 Jahre nach ihrer Erstdiagnose nur wenige Veränderungen in der Leber. Bei anderen PBC-Patienten schreitet die Erkrankung schneller im Laufe einiger Jahre voran.

Zwei von drei PBC-Patienten entwickeln nach heutigem Wissen zu Lebzeiten keine Zirrhose mehr, sodass es durchaus möglich ist, mit PBC Jahrzehntelang zu leben und alt zu werden. Durch eine medikamentöse Therapie lässt sich der Verlauf der PBC günstig beeinflussen (s.u.).

Was sind die Symptome?

Die häufigsten PBC-Symptome sind Müdigkeit, Juckreiz und Gelenkschmerzen.

Gegen PBC-bedingte Müdigkeit gibt es noch keine gezielte Therapie, sondern nur indirekte Ansätze: Hierzu gehören z.B. Entspannungsübungen, sportliche Aktivität und Schlafhygiene sowie die Suche nach Störfaktoren, welche die Müdigkeit verstärken können (z.B. Flüssigkeits- oder Vitaminmangel, Schlafstörungen, Arzneimittelnebenwirkungen oder eine sogenannte autonome Dysfunktion).

Gegen Juckreiz können verschiedene Medikamente versuchsweise angewandt werden, wie z.B. Cholestyramin, Rifampicin oder die Opioid-Antagonisten Naltrexon/Nalmefen; die Wirksamkeit ist individuell unterschiedlich und Nebenwirkungen müssen beachtet werden.

Auch Osteoporose wird bei PBC etwas öfter beobachtet als in der Allgemeinbevölkerung. Über trockene Schleimhäute der Augen, Mund und Intimbereich sowie unruhige Beine beim Liegen (Restless Legs) wird ebenfalls häufiger berichtet. Im Spätstadium der Zirrhose können typische Zirrhosekomplikationen auftreten.

Wie kann man eine PBC diagnostizieren?

Bei PBC sind meist die antimitochondrialen Antikörper (AMA) im Blut erhöht. Dieses ist der stärkste Hinweis auf diese Erkrankung. Oft ist auch der Laborwert alkalische Phosphatase (AP) deutlich erhöht. Kommen diese beiden Auffälligkeiten zusammen (erhöhte AMA + erhöhte AP), gehen Ärzte bereits mit sehr hoher Sicherheit von einer PBC-Diagnose aus.

Weitere Leberwerte wie z.B. Gamma-GT, Bilirubin, GOT und GPT können ebenfalls erhöht sein. Sie sind für die Erstdiagnose nicht ausschlaggebend, aber hilfreich für die Überwachung des Langzeitverlaufs.

Eine Leberpunktion ist meist nicht zur Diagnose nötig, aber kann in weniger eindeutigen Fällen bei der Klärung helfen: Bei einer Gewebeuntersuchung lassen sich oft PBC-typische Schädigungen unter dem Mikroskop erkennen.

Was sind die Ursachen der PBC?

Das eigene Immunsystem greift zunächst die Gallengänge und dann die gesamte Leber an. Warum es dazu kommt, ist unbekannt. Eine verbreitete Theorie ist, dass manche Menschen eine genetische Veranlagung für PBC haben. Kommt dann noch ein – oft zufälliger – Auslöser hinzu wie Giftstoffe oder Infektionen, könnte dies die PBC erstmals zum Ausbruch bringen.

PBC wird nicht durch Alkohol verursacht. Alkohol sollte aber wie bei jeder chronischen Lebererkrankung auch bei PBC gemieden werden, da dieser das Organ zusätzlich belastet. Es gibt auch Hinweise, dass Rauchen den Verlauf der PBC beschleunigen kann.

Wie wird PBC behandelt?

Die heutige Standardtherapie besteht in Ursodeoxycholsäure (UDCA), welche als Tablette lebenslang eingenommen wird. Im Frühstadium kann dies die Krankheit verlangsamen oder zum Stillstand bringen, im Spätstadium ist der Nutzen von UDCA nicht eindeutig geklärt. Wenn UDCA allein nicht wirkt, wurden früher z.T. auch immunsuppressive Medikamente eingesetzt; inzwischen ist jedoch umstritten, ob Immunsuppressiva bei alleiniger PBC einen zusätzlichen Nutzen bringen. Sinnvoll scheinen Immunsuppressiva nur zu sein, wenn neben der PBC gleichzeitig noch eine Autoimmunhepatitis vorliegt (sogenanntes Overlapsyndrom).

Im Dezember 2016 wurde mit Obeticholsäure (OCA) eine weitere Tablette für die PBC-Therapie bedingt zugelassen. Obeticholsäure kann mit Ursodeoxycholsäure kombiniert werden, falls letztere allein nicht ausreicht. Falls Patienten UDCA nicht vertragen, kann Obeticholsäure auch als alleinige Therapie eingesetzt werden. Eine häufige Nebenwirkung von OCA sind Juckreiz und erhöhtes Cholesterin. Die Substanz ist bis zum anfänglichen Zirrhosestadium (Child-Pugh A) zugelassen. Bei dekompensierter Leberzirrhose (Child-Pugh B und C) ist OCA seit Juni 2022 in der EU kontraindiziert: Die Substanz wird durch die schwer kranke Leber langsamer abgebaut, wodurch es zu Überdosierungen und Komplikationen wie z.B. Leberversagen kommen kann. Aktuell überprüft die Europäische Arzneimittelagentur EMA die künftige Zulassung von OCA für PBC (Stand Februar 2024).

Fibrate wie z.B. Bezafibrat sind bereits seit langem als Fettsenker zugelassen, jedoch nicht für die PBC. Studien zufolge können Fibrate ebenfalls die Wirksamkeit von UDCA verbessern und wirken zudem gegen Juckreiz. Mögliche Nebenwirkungen von Fibraten umfassen erhöhte Leberwerte oder Störungen der Nierenfunktion.

Zulassungsstudien mit zwei neuartigen Substanzen wurden Ende 2023 erfolgreich abgeschlossen: Seladelpar und Elafibranor konnten ebenfalls das Ansprechen auf die Therapie verbessern, wenn UDCA alleine nicht angesprochen hatte. Eine Zulassung dieser Substanzen könnte noch im Laufe des Jahres 2024 erfolgen, wenn nichts Unvorhergesehenes geschieht. Speziell für PBC-bedingten Juckreiz wird das Linerixibat aktuell in einer Zulassungsstudie untersucht.

Wenn eine Lebertransplantation notwendig wird, bleiben die AMA-Antikörper im Blut bestehen. In etwa drei Viertel der Fälle kommt jedoch die Lebererkrankung dauerhaft zur Ruhe. Bei etwa einem Viertel bis Drittel der Patienten kommt es auch im neuen Organ wieder zu PBC-typischen Schäden.

Wie weit ist PBC verbreitet?

Die Neudiagnosen der PBC nehmen aus unbekannten Gründen zu. Schätzungen zur Verbreitung variieren: Laut der deutschen Leitlinie zu autoimmunen Leberkrankheiten (2017) betrifft die PBC je nach Untersuchung knapp 2 bis 40 von 100.000 Menschen.

PBC und Covid-19

Patienten mit Leberzirrhose – egal welcher Ursache – hatten in der Vergangenheit häufiger schwere und tödliche Covid-19-Verläufe. Menschen mit Zirrhose sollten sich nicht nur vollständig immunisieren lassen, sondern ihre SARS-CoV-2-Impfung nach den Vorgaben der STIKO auffrischen lassen. Wenn „nur“ eine anfängliche PBC ohne Zirrhose oder andere Risikofaktoren vorliegt (Übergewicht, höheres Alter, andere Organerkrankungen), scheint das Risiko mit der Allgemeinbevölkerung vergleichbar zu sein. Auch für PBC gilt die allgemeine STIKO-Empfehlung, sich mittels Impfungen grundimmunisieren zu lassen. Bei PBC sind ebenso wie bei anderen Lebererkrankungen keine Kontraindikationen gegen Corona-Impfungen, Grippe- oder andere Impfungen bekannt.

 

Wer ist durch PBC gefährdet?

Frauen sind wesentlich häufiger betroffen als Männer (Verhältnis etwa 9:1). Erstgradige Verwandte von PBC-Patienten (Kinder/Eltern/Geschwister) scheinen etwas öfter von PBC betroffen zu sein. Auch wenn PBC keine klassische „Erbkrankheit“ ist, wird daher eine genetische Komponente vermutet. Inwieweit andere Faktoren die Entstehung bzw. den Ausbruch einer PBC begünstigen wie z.B. Rauchen, wiederkehrende Harnwegsinfekte, Haarfärbemittel oder Umweltgifte, wird unter Experten diskutiert.

Deutsches PBC-Register

PBC-Betroffene, welche zu mehr Wissen um die Erkrankung beitragen möchten, können am deutschen PBC-Register teilnehmen. Dieses wurde 2019 eingerichtet, und aktuell beteiligen sich über 40 Studienzentren in Deutschland an dem Register. Mehr Informationen finden Sie auf unserer Webseite unter folgendem Link: https://www.leberhilfe.org/deutsches-pbc-register/

Informationsmaterial zu PBC

Weitere Informationen zu PBC finden Sie in unserer 44-seitigen Broschüre „Primär biliäre Cholangitis (PBC)“, welche Sie in unserem Shop bestellen können:
Link zur PBC-Broschüre

Seit April 2019 ist zudem die europäische EASL-Leitlinie zu PBC auch als Patientenversion in deutscher Sprache veröffentlicht, welche ausführlich über Diagnostik, Therapie und Symptom-Management informiert. Die Leitlinie wurde gemeinsam von der europäischen Lebergesellschaft EASL und dem PBC Network erstellt; die deutsche Version wurde von der Leberhilfe Projekt gUG koordiniert und von der Deutschen Leberhilfe e.V. übersetzt. Die deutschsprachige PBC-Patientenleitlinie können Sie hier unter diesem Link abrufen.

Auch in unserem Magazin „Lebenszeichen – das Lebermagazin“ ist die PBC häufig ein Thema. Sie können dieses Heft entweder einzeln bestellen oder im Rahmen einer Mitgliedschaft bzw. eines Abonnements viermal im Jahr erhalten:
Link zu den Lebenszeichen (Übersicht)
Link mit Informationen zur Mitgliedschaft

2017 wurde eine deutsche Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von autoimmunen Leberkrankheiten (inklusive PBC) veröffentlicht, an der verschiedene Fachgesellschaften sowie Patientenvertreter der Leberhilfe und anderen Verbänden beteiligt waren:
Link zur deutschen Leitlinie für autoimmune Lebererkrankungen (AILE)

 

Köln | 02/2024 | Redaktion Leberhilfe

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