Was ist das?

Das Budd-Chiari-Syndrom (BCS) ist eine seltene, ernste Lebererkrankung. Die Lebervenen oder die untere Hohlvene sind ganz oder teilweise blockiert. Meist ist eine Thrombose die Ursache, es können jedoch auch andere Faktoren wie z.B. Tumoren zur Blockade führen. Hierdurch kann das Blut nicht mehr richtig abfließen und staut sich zurück, sodass es zum Pfortaderhochdruck kommt. Die Erkrankung ist nach zwei Ärzten im 19. Jahrhundert benannt, welche diese erstmals beschrieben: George Budd und Hans Chiari. Das Budd-Chiari-Syndrom kann verschiedene Ursachen haben und z.T. auch als Komplikation anderer Erkrankungen auftreten. Das Budd-Chiari-Syndrom zeigt sich je nach Mensch unterschiedlich schnell und schwer. Ein unbehandeltes BCS ist lebensgefährlich, deswegen ist eine fachärztliche klinische Betreuung und Nachsorge wichtig.

Man unterscheidet beim Budd-Chiari-Syndrom zwei Formen:

  • primäres Budd-Chiari-Syndrom: durch Thrombosen oder Entzündungen in den Lebervenen verursachte Abflussstörung
  • sekundäres Budd-Chiari-Syndrom: durch andere Faktoren (z.B. Tumoren, Parasiten etc.) verursachte Abflussstörung in den Lebervenen

Was sind mögliche Ursachen?

Beim primären Budd-Chiari-Syndrom sind Thrombosen oder Venenentzündungen die Ursache. Oft haben Betroffene schon vorher eine oder mehrere Erkrankungen, welche das Risiko für Thrombosen oder Venenentzündungen erhöhen. Hierzu gehören unter anderem:

  • primäre myeloproliferative Neoplasien: bösartige Erkrankungen des Knochenmarks, die genetisch bedingt sind. Etwa die Hälfte aller Fälle mit primärem Budd-Chiari-Syndrom geht hierauf zurück, weil diese Erkrankungen Thrombosen in den Lebervenen begünstigen.
  • Faktor-5-Leiden-Mutation: genetischer Gerinnungsdefekt
  • Protein-C-Mangel: erbliche Gerinnungsstörung, weil nicht genug Protein C im Plasma ist.
  • Antiphospholipid-Syndrom: Antiphospholipid-Antikörper im Blut erhöhen hier das Thromboserisiko
  • Morbus Behçet: entzündliche Erkrankung der kleinen Blutgefäße
  • paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH): Stammzellerkrankung, die nicht vererbt, sondern durch Mutationen erworben wird
  • Einnahme von Verhütungsmitteln
  • Systemisch entzündliche Erkrankungen
  • Selten tritt das Budd-Chiari-Syndrom auch während einer Schwangerschaft auf.

Beim sekundären Budd-Chiari-Syndrom wird der Blutfluss durch die Lebervene aus anderen Gründen blockiert. So können z.B. bösartige Tumore in das Blutgefäß hineinwuchern oder dieses von außen abdrücken. Ebenso können auch Leberzysten, Leberadenome, Parasiten, wuchernde Pilzinfektionen zu einem sekundären Budd-Chiari-Syndrom führen.

Nicht immer ist eindeutig feststellbar, wie es zum Budd-Chiari-Syndrom kam, sodass die Ursache ungeklärt bleibt.

Was sind die Risiken?

Die Thrombose führt zum Rückstau des Blutes in die Leber und zum Absterben von Gewebe (Nekrose), welches nicht mehr durchblutet wird. Je schneller die Krankheit auftritt und je größer das Ausmaß der Thrombose, desto schwerer ist der Verlauf. Die Hauptrisiken sind ein fulminantes Leberversagen oder Komplikationen des Pfortaderhochdrucks, insbesondere Blutungen aus Krampfadern in der Speiseröhre oder im Magen. Diese Komplikationen sind lebensgefährlich.

Krankheitszeichen und Symptome

Symptome können sich sehr unterschiedlich zeigen. Ein Teil der Betroffenen zeigt zunächst keine Beschwerden, es können jedoch auch Bauchschmerzen, Übelkeit, Müdigkeit und Gelbsucht auftreten. Es kann zudem zu Leberkomplikationen kommen, wie z.B. einem Wasserbauch (Aszites), Blutungen aus Krampfadern in der Speiseröhre.

Diagnose

Invasive Untersuchungen sind meist nicht notwendig, um ein Budd-Chiari-Syndrom zu erkennen. Die Diagnose kann durch erfahrene Radiologinnen und Radiologen oft durch Bildgebung gestellt werden, welche die hepatischen Venen und die untere Hohlvene darstellen. Hier wird meist zunächst ein Doppler-Ultraschall eingesetzt. Eine Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) können erfolgen, wenn die Ultraschall-Ergebnisse nicht eindeutig sind oder noch einmal bestätigt werden sollen.

Wenn die Bildgebung bereits zeigt, dass der Abfluss aus der Lebervene blockiert ist, ist eine Leberpunktion zur Budd-Chiari-Diagnose nicht mehr nötig. In Zweifelfällen können invasive Untersuchungen aber nötig werden: Nämlich dann, wenn zwar ein starker Verdacht auf Budd-Chiari-Syndrom besteht, aber dies in der Bildgebung nicht klar erkennbar ist. In solchen Sonderfällen kann eine Punktion für die Diagnose mitentscheidend sein, ebenso wie eine hepatische Venographie, die mit einem Ballonkatheter durchgeführt wird.

Es ist wichtig, andere ernste Ursachen auszuschließen, welche anders behandelt werden als das Budd-Chiari-Syndrom. Zur Differenzialdiagnostik gehören die Untersuchungen auf dekompensierte chronische Leberkrankheiten, auf Tumorwachstum in der Leber ebenso wie Herzversagen oder die seltene Lebervenenverschlusskrankheit (VOD).

Ebenso wichtig ist, Betroffene auf die möglichen Ursachen zu untersuchen, wie z.B. Tumoren, erbliche Thromboseleiden (sogenannte Thrombophilie = Neigung zu Blutgerinnseln), autoimmune Erkrankungen und entzündliche Darmerkrankungen. Mitunter können bei einem Menschen mehrere Faktoren bzw. Krankheiten vorliegen, die zum Budd-Chiari-Syndrom geführt haben. Selbst wenn bereits ein möglicher Risikofaktor entdeckt wurde (z.B. Neoplasien), sollte laut der EASL-Leitlinie von 2016 dennoch nach eventuellen zusätzlichen Faktoren gesucht werden.

Behandlung

Die Behandlung eines Budd-Chiari-Syndroms ist anspruchsvoll. Patienten sollten daher in einem erfahrenen Leberzentrum betreut werden.

Falls eine Thrombose die Ursache ist, werden praktisch immer Gerinnungshemmer eingesetzt, solange keine schweren Kontraindikationen dagegensprechen. Ein erhöhtes Blutungsrisiko ist zu beachten, und die Dosierung muss ggf. im Verlauf oder vor geplanten Operationen angepasst werden. Im Frühstadium des Budd-Chiari-Syndroms reichen Gerinnungshemmer manchmal bereits aus, um die Blockade aufzulösen und wieder einen normalen Blutfluss zu ermöglichen. In schwereren oder fortgeschrittenen Fällen sind weitere Maßnahmen nötig.

Die blockierten Venen können z.T. durch eine radiologische Intervention wieder durchlässig gemacht werden. Die Anlage eines TIPS (transjugulärer intraheptischer portosystemischer Shunt) ist eine weitere Möglichkeit, wieder einen Durchfluss des Blutes zu ermöglichen. Wenn andere Verfahren nicht wirken, bleibt oft nur eine Lebertransplantation als letzter Ausweg.

Eine zügige und passende Therapie ist meist überlebenswichtig. Den „natürlichen Verlauf“ abwarten sollte man nicht. Unbehandelt überlebt nicht einmal jeder zehnte Mensch die nächsten drei Jahre. Bei schneller Diagnose und Behandlung leben dagegen noch neun von zehn Menschen nach fünf Jahren. Die Langzeit-Prognose hängt dann nicht mehr so sehr vom Budd-Chiari-Syndrom ab, sondern eher von den anderen Faktoren oder Begleiterkrankungen, die zum Budd-Chiari-Syndrom geführt haben.

Zur Therapie gehört auch, eventuelle ursächliche Faktoren bzw. Vorerkrankungen mitzubehandeln, die zum Budd-Chiari-Syndrom geführt haben.

Häufigkeit

Das Budd-Chiari-Syndrom ist selten und genaue Daten zur Häufigkeit liegen nicht vor. Das OrphaNet verweist auf Schätzungen, laut denen einer von 50.000 bis 100.000 Menschen ein Budd-Chiari-Syndrom entwickelt.

Wer ist gefährdet?

Das Budd-Chiari-Syndrom ist selten und kann in jedem Lebensalter auftreten. Gesehen wird es eher bei jungen Erwachsenen zwischen 20 und 40 Jahren und betrifft Frauen häufiger als Männer. Verschiedene Vorerkrankungen, welche das Thromboserisiko erhöhen, können auch ein Budd-Chiari-Syndrom begünstigen.

Köln | 09/2023 | Ingo van Thiel | Redaktion Leberhilfe
Beratung: Prof. Dr. med. Frank Tacke, Berlin

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