1. Februar

Infoseite: COVID-19, Lebererkrankungen und Impfungen

1. Februar 2023. Die COVID-19-Pandemie geht mittlerweile in die endemische Phase über. Neue Mutationen des Virus sind weiterhin sehr ansteckend, die Sterblichkeit durch das Coronavirus ist jedoch erheblich gesunken. Zurückgeführt wird dies auf eine bessere Immunkompetenz in der Bevölkerung durch Impfungen, durchgemachte Infektionen und die Omikron-Variante, welche seltener zu schweren Verläufen führt.

Für ungeimpfte oder immungeschwächte Leberkranke stellt COVID-19 nach wie vor eine Gefahr dar. Das Risiko steigt bei fortgeschrittenen Leberkrankheiten und Begleitfaktoren wie höherem Alter, Diabetes, Adipositas, Rauchen etc. Die aktuellen Impfempfehlungen des Robert-Koch-Instituts gegen SARS-CoV-2 gelten daher uneingeschränkt für alle Leberkranken. Es gibt keine chronische Lebererkrankung und kein Krankheitsstadium, welche gegen eine Impfung sprechen würden. Im Gegenteil ist die Impfung umso wichtiger, je kränker die Leber bereits ist.

Über 72% der Weltbevölkerung sind inzwischen geimpft, in Deutschland sind 76% der Bevölkerung grundimmunisiert. Es gibt mittlerweile umfassende globale und nationale Sicherheitsdaten. Der klar bewiesene Nutzen der Impfstoffe überwiegt dabei sehr seltene Risiken eindeutig. Auch geimpfte Leberkranke haben ein deutlich niedrigeres Risiko schwerer COVID-Verläufe. Während Hirnvenenthrombosen und Herzmuskelentzündungen inzwischen als seltene, aber mögliche Impfkomplikationen anerkannt sind, ist die Frage nach Leber-spezifischen Impfnebenwirkungen trotz milliardenfacher Impfungen noch nicht eindeutig geklärt. Es gibt eine noch offene Diskussion um Anstiege von Leberwerten und sehr seltene Fälle von autoimmunen Leberentzündungen, welche in zeitlicher Nähe zu Corona-Impfungen beobachtet wurden.

Wenn Menschen aus Hochrisikogruppen nicht ausreichend auf die Impfung ansprechen, können monoklonale Antikörpertherapien im Einzelfall einen zusätzlichen Immunschutz bieten. Da die monoklonalen Antikörper nicht bei allen Virusvarianten eine Wirkung aufweisen, ist eine Beurteilung durch einen Experten oder Expertin notwendig. Die Gabe der direkt antiviralen Medikamente wie z.B. Nirmatrelvir/r ist bei COVID-19 dagegen unabhängig von der Virusvariante wirksam. Neuinfizierte Menschen aus Hochrisikogruppen sollten umgehend ärztlichen Rat einholen, ob ihre Erkrankung zunächst beobachtet werden kann oder ob eine zügige antivirale oder Antikörpertherapie angezeigt ist.

Nach drei Jahren COVID-19-Pandemie und 166.000 Toten in Deutschland geht SARS-CoV-2 langsam in die endemische Phase über. Die Fallsterblichkeit ist deutlich gesunken, von 4,5% auf zuletzt 0,1%. Hierauf verweist die Leitlinie zur stationären Therapie von COVID-19-Patienten in ihrer Fassung vom 12.9.2022. Die Entwicklung wird auf drei Faktoren zurückgeführt: Fortschritt bei den Impfungen, durchgemachte Infektionen und die Omikron-Variante, welche zwar sehr ansteckend ist, aber seltener zu schweren Verläufen führt.

Dies führt nun zu einer breiten Lockerung von Maßnahmen. Die Zeit der Lockdowns ist vorbei, die Maskenpflicht ist in den meisten öffentlichen Bereichen aufgehoben. Von breiten Teilen der mittlerweile meist geimpften und/oder genesenen Allgemeinbevölkerung werden diese Lockerungen begrüßt. Hochrisikopatienten, welche wegen Immunschwäche keinen ausreichenden Immunschutz gegen COVID-19 aufbauen, verfolgen die Entwicklung verständlicherweise mit größerer Sorge und sind dringend angehalten, sich z.B. durch Masken und Hygienemaßnahmen auch dort zu schützen, wo dies nicht mehr vorgeschrieben ist.

Das ständig weiter mutierende Coronavirus kann auch Geimpfte infizieren. Diese erkranken jedoch nach wie vor deutlich seltener an schweren Verläufen als Ungeimpfte (dies gilt auch für Leberkranke). Dieser Umstand hat aus der oft emotional geführten Debatte um die Impfung etwas moralischen Druck herausgenommen: Die Impfung ist nun in erster Linie eine Entscheidung zum Selbstschutz. Ein Fremdschutz als Impfeffekt ist bei den mutierten Corona-Varianten nicht mehr so eindeutig wie früher, da man sich trotz Impfung infizieren und andere anstecken kann.

Auf dem amerikanischen Liver Meeting im November 2022 gab es eine Reihe von Veröffentlichungen zu COVID-19, Leber sowie Sicherheit und Wirksamkeit der neuen Impfstoffe.

 

Bestätigte Trends

COVID-19 gefährdet insbesondere ungeimpfte Menschen mit fortgeschrittenen Lebererkrankungen sowie Ungeimpfte mit Fettlebererkrankungen (z.B. NASH). Ein negativer Einfluss von bekannten Risikofaktoren wie Adipositas, Alkoholkonsum und/oder Diabetes wurde ebenfalls bestätigt. Eine Dekompensation einer Leberzirrhose wird bei COVID-19 vermehrt beobachtet, wobei Lungenentzündungen nach wie vor die Haupttodesursache von COVID-19 bei Leberkranken sind.

Die Pandemie hat nicht nur zu direkten schweren Corona-Erkrankungen geführt, sondern auch zu sozialen und medizinischen Kollateralschäden: Durch die hohe Auslastung von Praxen und Kliniken durch COVID-19 wurde die Früherkennung und z.T. auch Behandlung anderer Erkrankungen verzögert. Dies zeigt sich mittlerweile auch in vermehrten, fortgeschrittenen Zirrhose- und Leberkrebserkrankungen.

In vielen Ländern der Erde ist auch das Ziel zurückgeworfen worden, Hepatitis B und C bis zum Jahr 2030 erfolgreich einzudämmen. Kein Land der Welt dürfte bei Hepatitis B dieses Ziel bis 2030 erreichen und nur elf Länder (Deutschland gehört nicht dazu) sind auf Kurs, die Hepatitis-C-Ziele bis dahin zu erreichen.

Ein weiterer Kollateralschaden der Pandemie: Die Personaldecke in Krankenhäusern ist noch dünner geworden. Insbesondere in der Intensivmedizin hat viel Personal mittlerweile u.a. wegen Überlastung gekündigt. Im Juni 2022 berichtete das Ärzteblatt, dass ein Drittel der Intensivbetten in Deutschland nun wegen Personalmangels nicht betrieben werden kann. Dies führt zu einer verlangsamten Versorgung von Notfällen und Verzögerung von Operationen. Ende 2022 waren viele Kliniken und Intensivstationen durch eine Welle von Atemwegsinfektionen erneut stark belastet. Diese Welle wurde nicht nur durch COVID-19, sondern auch zahlreiche schwere Influenza- und RSV-Infektionen angetrieben, weswegen neben der Corona-Impfung auch die Grippeimpfung wichtig ist.

Die Pandemie hat zudem ungesunde Verhaltensweisen gefördert, welche auch die Leber gefährden: Menschen bewegen sich weniger, ernähren sich ungesünder und konsumieren mehr Alkohol. Prof. Aalam Sohal und Kollegen aus San Francisco, USA, berichteten, dass die Zahl der Notfälle mit akuter Alkoholhepatitis an ihrer Klinik in den Jahren 2020 und 2021 deutlich anstieg: Während im Jahr 2019 insgesamt 131 Fälle am Klinikum vorstellig wurden, stieg dies auf 201 Fälle im Jahr 2020 und 215 Fälle im Jahr 2021. Zahlen aus Deutschland liegen uns aktuell nicht vor, auch hier hören wir jedoch von einer Zunahme von alkoholbedingten Notfällen an Kliniken.

Durch vermehrtes Übergewicht, Fehlernährung und Bewegungsarmut haben auch nichtalkoholische Fettlebererkrankungen (NAFLD) zugenommen.

 

Neue Erkenntnisse

COVID-19 kann in einigen Fällen auch zu Leberschäden führen. Eine seltene, aber gefährliche Leberkomplikation ist die Sekundär sklerosierende Cholangitis (SSC), welche zu einer Zerstörung von Gallengängen und schließlich zu einer Zirrhose führen kann. Eine SSC ist sonst eher als mögliche Komplikation von Blutvergiftungen (Sepsis) oder akutem Lungenversagen bekannt (ARDS).

Grundsätzlich können SARS-CoV-2-Viren auch an Leberzellen oder Gallengangzellen andocken. Dass bei klinisch schwer kranken COVID-19-Patienten auch Leberwerte ansteigen, ist keine Seltenheit. Hier wird derzeit eher vermutet, dass dies Begleiteffekte von anderen COVID-19-Folgen sind, z.B. eine Folge von Entzündungen in anderen Organen oder – bei Intensivpatienten – auch eine Folge, wenn andere Organe wegen COVID-19 versagen. Ebenso nicht auszuschließen sind weiterhin Arzneimittelschäden, da gerade Intensivpatienten oft als Rettungsversuch starke Medikamente erhalten.

 

Impfung schützt Zirrhose-Patienten vor schweren Verläufen

Sowohl zur Wirksamkeit als auch zur Sicherheit der verschiedenen COVID-19-Impfungen gibt es seit dem AASLD-Kongress neue Erkenntnisse.

Eine Untersuchung aus den USA zeigte, dass drei Impfungen bei Zirrhose-Patienten deutlich besser vor Infektionen und schweren Verläufen schützen als zwei Impfungen. Die Daten wurden zwischen Juli 2021 und Februar 2022 erhoben, als zunächst die besonders aggressive Deltavariante und später die Omikronvariante vorherrschten. Im Vergleich zu zwei Impfdosen senkte die dritte Dosis mit einem mRNA-Impfstoff das Risiko noch einmal um 80%, symptomatische oder gar mittelschwere bis schwere COVID-19-Verläufe zu entwickeln. In der untersuchten Patientengruppe kam es bei den dreifach Geimpften zudem zu keinem intensivmedizinischen Krankheitsfall und keinem Todesfall durch COVID-19.

Eine andere Studie fand heraus, dass bei Geimpften mit COVID-19 auch Leberwerte seltener durch die Infektion anstiegen. Dies ist gut nachvollziehbar, da die Impfung schwere Verläufe verhindert, die ggf. auch indirekt zu erhöhten Leberwerten führen.

 

Sicherheit der COVID-Impfstoffe

Über 13 Milliarden Impfdosen mit verschiedenen Impfstoffen wurden laut der Webseite Ourworldindata mittlerweile weltweit verabreicht. Über 5,5 Milliarden Menschen (knapp 72% der Menschheit) sind mittlerweile geimpft. Die Sicherheit der Corona-Impfstoffe wird insbesondere in Industrienationen fortlaufend überwacht. Bisherige Erkenntnisse zeigen, dass COVID-Impfstoffe in der Regel so sicher und verträglich sind wie andere, z.T. seit Jahrzehnten verfügbare Impfungen. Harmlose Impfreaktionen wie z.B. vorübergehende grippeähnliche Symptome sind häufig. Echte Impfkomplikationen, z.B. autoimmune Phänomene oder allergische Reaktionen auf Inhaltsstoffe, sind wie bei allen Impfstoffen möglich, aber selten.

Bezüglich Lebersicherheit gibt es nun neue Erkenntnisse. Diese ändern nichts an der wichtigen Impfempfehlung für chronisch Leberkranke, aber werden in der Hepatologie weiterhin diskutiert.

 

a) Kontroverse um autoimmune Hepatitis als seltene Impffolge geht weiter

Die Diskussion, ob verschiedene COVID-Impfstoffe in seltenen Fällen eine autoimmune Hepatitis (AIH) auslösen können, wird fortgeführt. Die Datenlage ist allerdings nach wie vor nicht klar und wird weiter untersucht. Die Einschätzung, ob ein Kausalzusammenhang wahrscheinlich oder unwahrscheinlich ist, hat sich seit Anfang 2021 mehrfach geändert.

Im April 2022 wertete die Europäische Arzneimittelagentur die damals vorhandenen Fallberichte aus und fand keine Hinweise auf einen Kausalzusammenhang. Diese Nachricht wurde mit allgemeiner Erleichterung aufgenommen, seitdem wurden jedoch weitere Fallberichte gesammelt. In mindestens zwei dokumentierten Fällen trat eine AIH-ähnliche Leberentzündung nach der ersten Impfung auf und verschlechterte sich nach der zweiten Impfung. Zumindest in diesen Fällen besteht dringender Verdacht, dass die Impfung tatsächlich ursächlich verantwortlich war (vgl. „Lebenszeichen“ 3/22 und 4/22).

Fallberichte werden weiter gesammelt und die Frage nach einem Kausalzusammenhang ist nach wie vor offen. Sollte sich eine AIH als Impffolge doch bestätigen, wäre dies eine sehr seltene Nebenwirkung: Trotz millionenfacher Impfungen in Deutschland hat die Zahl der AIH-Neudiagnosen nicht zugenommen.

 

b) Neu erkannt: erhöhte Leberwerte nach Impfungen

Auf dem AASLD-Kongress im November 2022 wurde nun eine Untersuchung über ein weiteres Leberphänomen veröffentlicht: In einer amerikanischen Praxis wurden im Verlauf eines Jahres insgesamt elf Fälle vorstellig, die nach Corona-Impfungen erhöhte Leberwerte entwickelten.

Alle elf Fälle verliefen glimpflich und die Leberwerte normalisierten sich wieder von selbst. Sechs Patienten blieben symptomfrei, zwei Patienten berichteten über Juckreiz und drei weitere über Müdigkeit. Der Autor Dr. Shiffman erklärt, dass die Häufigkeit dieses Phänomens unbekannt sei und die Verläufe mild waren. Da jedoch innerhalb eines Jahres elf Fälle in einer einzelnen Praxis gefunden wurden, sei diese Nebenwirkung vermutlich nicht selten.

Die Fälle waren davon unabhängig, ob die Impfung mit mRNA- oder anderen Impfstoffen erfolgte. Diese Fälle sind nicht das Gleiche wie die z.T. schweren Verdachtsfälle auf autoimmune Hepatitis. Stattdessen wurden sie als „DILI“ eingestuft (drug induced liver injury), also als arzneimittelbedingter Leberschaden.

Möglicherweise ist dies kein spezielles Phänomen der COVID-19-Impfungen, da ähnliche Fälle in der Vergangenheit vereinzelt auch mit Impfstoffen gegen andere Erreger gesehen wurden. Als Erklärung denkbar sind z.B. individuelle Unverträglichkeiten gegen Inhaltsstoffe der Impfungen.

Derzeit ergibt sich aus dieser Beobachtung keine Änderung der Impfempfehlungen, da der Nutzen der Impfung auch für Leberkranke seltene Nebenwirkungen deutlich überwiegt.

Ein Positionspapier des AASLD im Oktober 2022 nimmt ebenfalls zu diesem Phänomen Stellung. Wenn Leberwerte nach einer Impfung ansteigen und sich nicht zügig von selbst normalisieren, sollte genauso wie beim Verdacht auf Medikamentenschäden eine gründliche Abklärung erfolgen, bei der neben immunbedingten Abstoßungsreaktionen auch andere Ursachen wie z.B. zufällige Virusinfektionen der Leber ausgeschlossen werden.

 

c) Indirekte Immuneffekte der COVID-Impfung auf chronische Hepatitis-B-Infektionen?

Ein interessantes Phänomen wurde bei chronischen Hepatitis-B-Patienten aus Südkorea beobachtet. Wenn diese mRNA- oder Vektorimpfungen erhielten, fiel ein bestimmter Marker des Hepatitis-B-Virus etwa einen Monat lang stärker ab als zuvor: Es handelte sich dabei um das HBs-Antigen, welches zur Hülle des Hepatitis-B-Virus gehört. Etwa einen Monat später stieg die Menge des HBs-Antigens aber wieder an und war dann im Durchschnitt sogar höher als vor der Impfung. Die Bedeutung ist unklar. Für den Verlauf der Hepatitis-B-Lebererkrankung wurden im Untersuchungszeitraum weder Vorteile noch Nachteile beobachtet. Die Studienleiter Prof. Hyunjae Shin und Kollegen wollen die weitere Entwicklung im Auge behalten. Es bleibt abzuwarten, ob die HBsAg-Werte weiter steigen, erneut abfallen bzw. sich wieder auf das Niveau vor der Impfung einpendeln.

Eine Erklärung für den Abfall und Wiederanstieg des Hepatitis-B-Virusmarkers wird im Abstract der Studie noch nicht gegeben. Theoretisch denkbar ist, dass Immunreaktionen auf die Corona-Impfung indirekt auch gegen das Hepatitis-B-Virus wirkten, allerdings nur als schwacher und vorübergehender Effekt. Dies könnte sowohl den vorübergehenden Abfall des Hepatitis-B-Virusmarkers als auch den stärkeren Wiederanstieg erklären.

Diese Beobachtung ändert nichts an der Impfempfehlung gegen COVID-19, die unverändert auch bei Menschen mit chronischer Hepatitis B gilt.

 

Wie sind die aktuellen Impfempfehlungen?

Die Impfempfehlung für chronisch Leberkranke gilt weiterhin und die Impfung wird in den meisten Fällen gut bis sehr gut vertragen. Vorübergehende Impfreaktionen wie erhöhte Temperatur, Müdigkeit, Muskel- oder Kopfschmerzen haben in der Regel keine Bedeutung. Vorübergehende Anstiege von Leberwerten und einzelne Verdachtsfälle von autoimmuner Hepatitis werden diskutiert, ändern jedoch nichts am eindeutigen Nutzen der Impfung. Derzeit gibt es keine klare Aussage, ob eine Überprüfung der Leberwerte vor und nach einer Impfung bei Leberkranken in bestimmten Fällen sinnvoll ist. Es spricht sicher nichts gegen eine solche Überprüfung, wobei man im Fall erhöhter Leberwerte eher zuwarten würde, ob diese von selbst wieder abfallen.

Eine vierte Impfung wird vom Robert Koch-Institut derzeit für Menschen über 60 Jahre und besonders verwundbare Gruppen empfohlen. Hierzu gehören Bewohner in Pflegeeinrichtungen, Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf in Einrichtungen der Eingliederungshilfe, Personal in medizinischen Einrichtungen sowie Pflegeeinrichtungen. Empfohlen ist die vierte Impfung zudem für Menschen ab fünf Jahren, die wegen einer Grunderkrankung und insbesondere Immunschwäche besonders von schweren COVID-Verläufen gefährdet sind.

Idealerweise sollte die Impfung mit einem auf die Omikron-Variante angepassten Impfstoff erfolgen. Zwar ist auch diese Variante wieder etwas mutiert, wird aber von den neueren Impfstoffen dennoch besser abgefangen.

Eine fünfte Impfung kann in bestimmten Fällen für Hochrisikogruppen erwogen werden, z.B. sehr alte Menschen oder solche mit Immunschwäche. Diese Impfentscheidung sollte im Einzelfall ärztlich geklärt werden und frühestens sechs Monate nach der letzten Impfung bzw. echten Infektion erfolgen.

Patienten mit starker Immunsuppression sprechen weniger auf die Impfungen an und bleiben vermehrt von COVID-19 gefährdet. Um hier dennoch Risiken abzumildern, stehen seit einem Jahr verschiedene Medikamente zur Verfügung, die jedoch zügig in den ersten Tagen der Infektion verabreicht werden müssen und später kaum noch eine Wirkung zeigen. Hierzu gehören antivirale Medikamente ebenso wie monoklonale Antikörper, deren Wirksamkeit jedoch stark von der aktuell vorherrschenden Variante abhängig ist. Risikopatienten sollten daher im Fall einer Corona-Infektion zügig ärztlichen Rat einholen, ob bei ihnen eine zusätzliche Behandlung mit antiviralen Medikamenten oder Antikörpern angezeigt ist.

 

Fazit

Die Impfempfehlung für chronisch Leberkranke gilt unverändert, da der Nutzen seltene Risiken deutlich überwiegt. Neue Daten zum AASLD zeigen z.B. für Zirrhose-Patienten, dass drei statt zwei Impfungen deutlich besser vor schweren und tödlichen Verläufen schützen. Boosterimpfungen sollten nun bevorzugt mit den neuen, angepassten Impfstoffen erfolgen.

Seltene Verdachtsfälle von autoimmuner Hepatitis nach Impfungen werden weiterhin diskutiert, wobei die Häufigkeit von AIH trotz millionenfacher Impfungen in Deutschland nicht zu­genommen hat und laut Robert Koch-Institut knapp 78% der Bevölkerung mindestens einmal gegen COVID-19 geimpft sind.

Erhöhte Leberwerte nach Corona-Impfungen sind uns als Nebenwirkung neu bekannt geworden, deren Häufigkeit bislang noch unbekannt ist. Ein Kausalzusammenhang ist aus unserer Sicht wahrscheinlich, da es solche Fälle auch selten bei anderen Impfungen gab. Bislang scheinen sich solche Erhöhungen meist wieder folgenlos zurückzubilden, eine weitere Beobachtung dieses Phänomens ist jedoch wichtig.

Inwieweit Corona-Impfungen chronische Hepatitis-B-Infektionen kurz- oder langfristig beeinflussen, bleibt abzuwarten.

Bekannte Risikofaktoren für schwere COVID-19-Verläufe wurden erneut bestätigt: Hierzu gehören Adipositas, Diabetes und chronische Organerkrankungen der Leber, des Herzens, der Lungen oder Nieren. Bei anfänglichen Lebererkrankungen ohne schweren Leberschaden – ebenso wie beim klinisch harmlosen Meulen­gracht-Syndrom – ist das Risiko von schweren COVID-19-Verläufen vermutlich nicht höher als in der Allgemeinbevölkerung. Patienten mit Zirrhose, Leberkrebs, nach Transplantation oder nicht-alkoholischen Fettlebererkrankungen bleiben dagegen vermehrt gefährdet.

Risikopatienten, die ungeimpft sind oder nicht ausreichend auf die Impfung ansprechen, sollten im Fall einer Corona-Infektion ärztlichen Rat einholen, ob eine zusätzliche frühzeitige Behandlung mit monoklonalen Antikörpern oder antiviralen Medikamenten sinnvoll ist.

Deutsche Leberhilfe e.V.

 

Quellen: 

  1. Hyunjae Shin H et al.: COVID-19 vaccination is associated with increase in HBsAg titer in patients with chronic hepatitis B. Abstract 2115, AALSD 2022.
  2. Karagiannidis C et al.: Intensivstationen: Ein Drittel der Betten ist gesperrt. Dtsch Arztebl 2021; 118(42): A-1908 / B-1576
  3. Shiffman ML et al.: Drug induced liver injury (DILI) following vaccination against COVID-2. Abstract 4617, AASLD 2022.
  4. 8 | John BV et al.: Associatin of three vs. two doses of mRNA COVID-19 vaccines and SARS-COV-2 infection and severity among patients with cirrhosis. Abstract 8, AASLD 2022.
  5. García HV et al.: Risk of COVID-19 severe outcomes among people with cirrhosis: a population-based cohort study in Canada. Abstract 2119, AASLD 2022.
  6. Kim A et al.: The effect of obesity on innate immune responses to COVID in heavy drinkers. Abstract 2123, AASLD 2022.
  7. Sohal A et al.: The increase in alcohol-related hepatitis cases during the COVID-pandemic: Is it a new normal? Abstract 3114, AASLD 2022.
  8. Bundesregierung: Booster-Impfungen bevorzugt mit angepassten Impfstoffen. https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/corona-impfung-2127758. Stand: 6. Oktober 2022.
  9. Kluge S et al.: S3-Leitlinie – Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19. Stand 12.09.2022. AWMF-Register-Nr. 113/001. https://register.awmf.org/assets/guidelines/113-001LGl_S3_Empfehlungen-zur-stationaeren-Therapie-von-Patienten-mit-COVID-19_2022-09_1.pdf
  10. AASLD expert panel consensus statement: COVID-19 clinical best practice advice for hepatology and liver transplant providers. Released: October 6, 2022. https://www.aasld.org/sites/default/files/2022-10/AASLD%20COVID-19%20Guidance%20Document%2010.06.2022F.pdf
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