Was ist das?
Der Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) ist ein Parasit, welcher durch seine Eier übertragen wird. Normalerweise befällt er Füchse und andere Tiere, welche im Darm neue Fuchsbandwürmer entwickeln, infektiöse Eier ausscheiden und so die Infektion weitertragen. Irrtümlich kann der Fuchsbandwurm auch Menschen befallen. Diese sind kein geeigneter Wirt für den Fuchsbandwurm, weil sie die Infektion nicht weitertragen können. Allerdings entwickeln Betroffene eine alveoläre Echinokokkose. Dies ist eine lebensbedrohliche, meist nicht heilbare Erkrankung: Die Larven des Fuchsbandwurms nisten sich in der Leber ein. Dort führen sie zu Tumor-ähnlichen Gebilden, welche auch das umgebende Lebergewebe schädigen und zerstören. Alveoläre Echinokokkose verläuft ohne Behandlung tödlich. Medikamente können jedoch die Infektion unterdrücken und die Lebenserwartung deutlich verbessern.
Der Fuchsbandwurm bei Tieren
Der Fuchsbandwurm befällt nicht nur Füchse, sondern auch Beutetiere wie Feld- und Wühlmäuse sowie Bisamratten, welche von Füchsen gefressen werden. Hierdurch werden weitere Füchse infiziert. Hunde und Katzen können ebenfalls befallen werden. Da sich bei Katzen weniger Eier bilden, sind diese möglicherweise weniger ansteckend. Unklar ist, ob auch Marderhunde den Parasiten übertragen.
Der Fuchsbandwurm ist ca. zwei bis vier Millimeter groß und hat einen Kopf mit Saugnäpfen. Diese nutzt er, um sich an die Darmwand seines Wirtstieres anzuheften. Der Wurm besteht aus fünf Gliedern. Die Endglieder füllen sich mit Eiern und werden abgestoßen, sobald die Eier reif sind. Die Wirtstiere scheiden diese Eier mit dem Kot aus, wodurch die Eier in die Umwelt gelangen und zu weiteren Ansteckungen führen.
Wie können Menschen sich anstecken?
Die infektiösen Eier des Fuchsbandwurms gelangen über den Mund in den Darm. Im Darm bilden sich Larven, die über den Blutkreislauf in die Leber gelangen. Die Eier sind winzig und mit bloßem Auge nicht erkennbar. Bei mäßigen Temperaturen wie in Europa können sie monatelang infektiös bleiben.
Da die meisten Infektionen erst Jahre später entdeckt werden, ist der Ansteckungsweg für Betroffene dann oft nicht mehr nachvollziehbar. Wahrscheinlich erfolgt die Ansteckung durch kontaminierte Lebensmittel, an denen infektiöse Eier des Fuchsbandwurms haften. Hierzu könnten ggf. auch Wildbeeren, Pilze oder Gemüsebeete gehören, welche durch infizierte Füchse kontaminiert werden. Als möglich gilt auch der Kontakt mit dem Fell infizierter Tiere oder Erde, die mit deren Kot kontaminiert ist.
Wie ist die durchschnittliche Inkubationszeit?
Die Inkubationszeit ist sehr lang: Die Infektion mit Fuchsbandwurm kann bei Menschen 10 bis 15 Jahre vorliegen, bis Infizierte erste Symptome bemerken.
Symptome und Risiken
Befallene Menschen entwickeln eine alveoloäre Echinokokkose. Erste Symptome sind – wie bei vielen Lebererkrankungen – sehr unspezifisch wie z.B. Oberbauchschmerzen. Die Larven können sich im menschlichen Organismus nicht zu neuen Bandwürmern entwickelt. Sie siedeln sich im Darm an. Dort bilden sich tumor-ähnliche Raumforderungen um die Larven, sogenannte alveoläre Tumore. Das umgebende Lebergewebe kann hierdurch absterben, sodass dort tote Zellfelder entstehen (Nekrosen). Die Raumforderungen können zu weiteren Komplikationen führen, wenn sie Gallengänge oder Blutgefäße abdrücken. Verengte Blutgefäße führen zu einem Rückstau des Blutes vor der Leber (Pfortaderhochdruck), verengte Gallengänge zu einem Gallestau. Ein chronischer Gallestau in der Leber kann zu Vernarbungen führen, bis eine Zirrhose entsteht. In einigen Fällen können die Larven auch das Gehirn, die Lunge oder das Bauchfell befallen.
Diagnose
Die Diagnose eines Fuchsbandwurms ist anspruchsvoll. Hierzu gehören bildgebende Verfahren wie Ultraschall, MRT oder CT. Zusätzlich erfolgen Laboruntersuchungen. Diese umfassen Antikörper des Erregers und z.T. molekulargenetische Untersuchungen.
Therapie
Zum Einsatz kommen Wurmmittel, insbesondere Benzimidazole. Diese können die Erkrankung in der Leber verlangsamen oder zum Stillstand bringen. Da die Medikamente systemisch, also im ganzen Körper wirken, können sie auch menschliches Gewebe in Mitleidenschaft ziehen. Mögliche Nebenwirkungen umfassen verminderte weiße Blutkörperchen, Haarausfall oder lebertoxische Nebenwirkungen. Die Therapie dauert jedoch in der Regel lebenslang, da die Erkrankung bei Absetzen weiter voranschreitet und unbehandelt zum Tod führt.
Selten wird eine alveoläre Echinokokkose in einem sehr frühen Stadium entdeckt, wo es nur einen oder wenige, gut begrenzte Herde in der Leber gibt. Eine radikale Operation, bei der die Herde chirurgisch entfernt werden, kann in solchen Ausnahmefällen zu einer Heilung führen. Um einen erneuten Befall des verbliebenen Lebergewebes zu unterbinden, ist jedoch auch in diesen Fällen zusätzlich eine Medikamententherapie notwendig, die mindestens zwei Jahre dauert.
Wie kann man sich schützen?
Allgemein sollte nach jeder Gartenarbeit eine gründliche Händehygiene erfolgen. Pilze, Gemüse, Kräuter und Beeren im Freien sollten sorgfältig gewaschen und am besten erhitzt werden, bevor diese verzehrt werden. Kochen kann die Eier abtöten, normales Einfrieren im Gefrierschrank dagegen nicht.
Bei Hunden und anderen Haustieren sollte regelmäßig eine Entwurmung erfolgen und ihr Kot durch Tierärzte untersucht werden. Lebende und tote Füchse sollten nicht angefasst werden. Müll sollte in Mülltüten verschlossen und sicher entsorgt werden, um keine Füchse anzulocken. Sandkästen und Spielplätze sollten auf Sauberkeit überprüft werden und spielende Kinder dazu angehalten werden, sich danach die Hände zu waschen.
Menschen mit alveolärer Echinokokkose sind nicht ansteckend. Sie bilden keine Fuchsbandwürmer und keine Eier, welche für eine Infektion nötig sind. Daher kann mit Betroffenen völlig normal umgegangen werden und es sind keinerlei Vorsichtsmaßnahmen nötig.
Wie häufig sind Infektionen mit dem Fuchsbandwurm?
Fuchsbandwurm-Infektionen sind weiterhin sehr selten, haben aber zugenommen. Die erfolgreiche Bekämpfung der Tollwut hat in den letzten 20 Jahren dazu geführt, dass es wieder mehr Füchse in Deutschland, der Schweiz und Österreich gibt. Dies hat zu einer Verdoppelung der Fuchsbandwurm-Infektionen in diesen Ländern beigetragen. Im Jahr 2022 wurden dem Robert-Koch-Institut in Deutschland 41 Fälle gemeldet, im Jahr 2003 waren es noch 21. Hundehalter, Landwirte sowie Menschen zwischen 50 und 60 sind dabei etwas öfter betroffen als andere. Die Hauptinfektionsgebiete sind Baden-Württemberg und Bayern, während nach Norden hin in Deutschland die Anzahl der Fälle stark abnimmt.
Weitere Informationen
Informationen zum Fuchsbandwurm und weiteren Leberinfektionen finden Sie auch in unserer kostenlosen Broschüre „Infektionen der Leber“. Die Broschüre können Sie hier herunterladen oder bestellen.
Köln | 12/2024 | Redaktion Leberhilfe
Beratung: Prof. Dr. med. Christoph Sarrazin