1. Februar

Meine Erfahrungen mit Hepatitis C

Dieser Donnerstag bleibt unvergessen. Ich hatte mich zuvor von meiner Hausärztin mit einem großem Blutbild gründlich untersuchen lassen. Ich fühlte mich Wochen zuvor schlapp, müde und unkonzentriert und dachte, dass es mit Mitte zwanzig so ja nicht sein kann.

Dann der Anruf mit Verdacht auf chronische Hepatitis C. Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Mich soll es treffen, die ich nie mit Drogen zu tun hatte, keine Tätowierung besaß und auch sonst keine Erklärung dafür finden konnte, wie ich mich angesteckt haben sollte?! Ich werde wohl nicht herausfinden können, wann und wo ich mich infiziert habe, weiß aber mittlerweile, dass es vielen Betroffenen so geht und ich damit mich allein bin.

Nachdem meine Hausärztin also den Verdacht aufgrund von erhöhten Leberwerten und den beschriebenen Symptomen geäußert hat, bin ich zu weiteren Untersuchungen in die Hepatitis-Ambulanz der Unikliniken Düsseldorf überwiesen worden. Dort wurde der Verdacht bestätigt und der Genotyp 1 festgestellt.

Nach Beratungsgesprächen mit den Ärzten und meinen Angehörigen, entschloss mich relativ zügig, die Behandlung zu beginnen, da meine Voraussetzungen für eine Heilung nach Einschätzung der Ärzte gut waren. Zumal ich jung war und Pläne für die Zukunft schmieden wollte. Ich wollte mein Leben so bald wie möglich wieder gesund weiter führen können und nicht mit dem Wissen, das ich einen Virus in mir trage, der mich einschränkt und unter bestimmten Bedingungen auch eine Ansteckungsgefahr für meine Mitmenschen bedeutet.

Trotzdem konnte ich es anfangs für mich nicht akzeptieren, betroffen zu sein und habe mich deshalb auch nur wenigen Mitmenschen anvertraut, die mir sehr nahe stehen. Auch mein Arbeitgeber wusste Bescheid und hatte zum Glück

Verständnis für meine Situation. So konnte ich alle nötigen Termine wahrnehmen und offen darüber sprechen, wenn es mir an manchen Tagen nicht gut ging und ich weniger belastbar war. Auch Freunde und Familienangehörige, haben durchweg positiv reagiert und mich unterstützt, so weit es ging.

Sich das erste Mal selbst die Spritze zu setzen, hat mich einige Überwindung gekostet und ich hatte am nächsten Tag Kopfschmerzen, aber die gefürchteten grippalen Nebenwirkungen blieben bei mir zum Glück während der gesamten Therapiezeit aus. Nebenwirkungen bei mir waren in dieser Zeit hauptsächlich Haarausfall, der mich als Frau sehr belastet hat, da ich das Gefühl hatte, nun sieht man mir die Krankheit an und ich fühlte mich weniger weiblich. Nach 3 bis 4 Monaten der Therapie hatte ich allerdings psychisch sehr zu kämpfen. Mein Selbstwertgefühl sank ab, ich fühlte mich oft überfordert in alltäglichen Situationen und unverstanden. Ich wurde sehr launisch und dünnhäutig, was für nahe stehende Mitmenschen sehr belastend sein konnte. Leider schlug der erste Therapieversuch nicht an, so dass ich die Behandlung nach einem halben Jahr abbrechen musste.

Es bedeutete zwar eine Auszeit und ich erholte mich auch schnell von den physischen und psychischen Belastungen, wusste zu diesem Zeitpunkt aber bereits von neuen Medikamenten, die kurz vor ihrer Zulassung standen und für meine Genesung neue Hoffnung bedeuteten.

Nach einem Jahr Pause wagte ich also eine neue Behandlung mit der Triple-Therapie.

Dies bedeutete für mich, in den ersten drei Monaten 11 Tabletten täglich zu schlucken, alle 8 Stunden klingelte der Wecker, um mich daran zu erinnern. Morgens war es das erste, was ich gemacht habe, abends das letzte. Dazu kam die fettreiche Ernährung, die mir den normalen Genuss von Essen erschwert hat. Diese drei Monate empfand ich als die schwierigsten der gesamten Therapiezeit. Ich fühlte mich fremdgesteuert und es fiel mir schwer, es Leuten zu erklären, wenn ich z.B. zu ungewöhnlichen Zeiten essen musste. Dazu kamen morgendlicher Schwindel, der Sauerstoffgehalt im Blut sank stark ab, so dass normale Tätigkeiten wie Treppensteigen, bei einem Umzug helfen, Skifahren oder Fahrradfahren zu anstrengend wurden. Ich fühlte mich um ein Vielfaches gealtert und konnte am gesellschaftlichen Leben nicht mehr richtig teilnehmen. Das Schlafbedürfnis war teilweise überwältigend. Freitags bin ich oft um 19 Uhr ins Bett für 15 bis 16 Stunden. Zwei Monate lang hatte ich starken Reizhusten, der mich wiederum nachts nicht schlafen ließ und zermürbend war.

Trotz dieser Belastungen habe ich versucht, ein weitestgehend normales Leben zu führen. Ich wollte nicht, dass die Krankheit meinen Alltag bestimmt. So bin ich das gesamte Jahr der Therapie über in Vollzeit arbeiten gegangen und habe versucht, alle sozialen Kontakte aufrecht zu erhalten. Auch wenn mir dies teilweise sehr schwer fiel, da mich längere Gespräche anstrengten, ich mich nicht lange konzentrieren konnte und abends meistens sehr müde war. Rückblickend kann ich von mir sagen, dass ich stärker auf meine Bedürfnisse hätte achten sollen und mich auch hätte mehr schonen sollen.

Ich fühlte mich nicht mehr wie ich selbst und suchte deswegen Rat bei einer Selbsthilfegruppe von Mitbetroffenen.

Mit Menschen zusammenzukommen, die dasselbe erleben, die Ängste, Sorgen und Hoffnungen teilen, hat mir persönlich sehr gut getan und auch ich wollte meinen Teil dazu beitragen, anderen Betroffenen von meinen Erfahrungen zu berichten.

Deswegen habe ich mich auch entschlossen, diesen Bericht zu verfassen. Trotz aller Anstrengungen und Opfer, die man als Betroffene aufbringen muss, möchte ich Mut machen, sich helfen zu lassen. Denn Hilfe ist da. Die Heilungschancen sind so gut wie nie und es wird weiter geforscht, um Infizierten zu helfen. Wir sollten offen mit unserer Krankheit umgehen, um Vorurteilen, Unwissenheit und Ängsten den Raum zu nehmen und uns selbst die Kraft, die Krankheit anzunehmen und anzugehen.

Ich habe es 3 Jahre nach der Diagnose geschafft. Ich kann sagen, die Krankheit erfolgreich bekämpft zu haben und sehe nun voller Zuversicht in die Zukunft. Ich wünsche allen Betroffenen viel Kraft, die nötige Portion Gelassenheit und Hoffnung auf ein Leben ohne Hepatitis C.

Olga Dawidziuk

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