19. November

Hepatitis C: Kombinationstablette Sofosbuvir/Ledipasvir zugelassen

Köln, 19.11.2014. Die europäische Kommission hat gestern die Kombinationstablette Sofosbuvir/Ledipasvir (Produktname „Harvoni“) zur Behandlung der chronischen Hepatitis C zugelassen. Dies teilte die Herstellerfirma Gilead Sciences gestern in einer Pressemeldung mit.1

Die Tablette wird einmal täglich über unterschiedliche Zeiträume von acht, zwölf oder 24 Wochen eingenommen, mit oder ohne Ribavirin. Die Therapiedauer und die Zugabe von Ribavirin hängt ab vom Genotyp, Stadium der Lebererkrankung und eventuellen Vorbehandlungen.

Die Zulassung gilt für Patienten mit dem Genotyp 1 und 4, unabhängig davon, ob sie vorbehandelt sind oder nicht. Bei diesen Genotypen darf die Kombinationstablette auch bei dekompensierter Zirrhose eingenommen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen gilt die Zulassung der Tablette auch beim Genotyp 3 – allerdings nur, falls diese Patienten bereits eine Zirrhose haben und/oder bereits einmal erfolglos vorbehandelt wurden.

Erstmals wird es damit für einen Teil der Hepatitis-C-Patienten möglich, eine Therapie in Form einer einzelnen täglichen Tablette einzunehmen; in einigen Fällen ist auch bei dieser Tablette die zusätzliche Gabe von Ribavirin notwendig, welche zweimal täglich erfolgt.

Die Zulassung der Sofosbuvir/Ledipasvir-Tablette erweitert das Spektrum der heute verfügbaren Interferon-freien Hepatitis-C-Therapien. Seit Anfang 2014 wurden bereits drei andere Substanzen für Kombinationstherapien mit und ohne Interferon zugelassen: Der Polymerasehemmer Sofosbuvir als Einzelsubstanz (die nun auch in der Kombinationstablette enthalten ist), der Proteasehemmer Simeprevir sowie der NS5A-Hemmer Daclatasvir. Ab 2015 wird die Zulassung weiterer Interferon-freier Therapien erwartet.

Die neuartigen Interferon-freien Therapien erwiesen sich in Studien deutlich wirksamer und gleichzeitig nebenwirkungsärmer als Behandlungen mit Interferon. Häufig werden mit den neuartigen Therapien in Studien Heilungsraten über 90% erreicht. Die Mehrzahl der Patienten hat kaum Nebenwirkungen, völlig ausgeschlossen sind Neben- und Wechselwirkungen jedoch auch bei den neuen Substanzen nicht. Die Kombinationstablette Sofosbuvir/Ledipasvir wurde in Studien überwiegend gut vertragen, Kopfschmerzen und Müdigkeit wurden dabei etwas häufiger beobachtet als in einer Placebo-Vergleichsgruppe. Wechselwirkungen mit bestimmten Arzneimitteln – z.B. Johanniskraut oder bestimmten HIV-Medikamenten – sind zu beachten.

Bei fortgeschrittener Zirrhose und/oder schweren Nierenerkrankungen könnten Komplikationen auch unter Interferon-freien Therapien etwas häufiger auftreten, wobei es hierzu erst sehr wenige Daten gibt.1,2 Bei allen neu zugelassenen HCV-Medikamenten befindet sich derzeit im Beipackzettel ein schwarzes Dreieck () als Zeichen, dass die Sicherheit dieser Medikamente weiterhin überprüft und beobachtet wird.

Hohe Arzneimittelpreise bremsen im Augenblick noch die Verschreibung der neuen HCV-Substanzen im klinischen Alltag, da viele Ärzte Regressforderungen von Krankenkassen fürchten. Der Preis für vier Wochen mit der Kombinationstablette Sofosbuvir/Ledipasvir beträgt aktuell in Deutschland 22.260 Euro.

Inzwischen gibt es erste Anzeichen, dass sich die Verschreibungssituation bei den neuen Hepatitis-C-Substanzen insgesamt etwas entspannen könnte. Ende Oktober haben die kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) vereinbart, rückwirkend für das Jahr 2014 ein so genanntes „Sonderausgabenvolumen“ von 700 Millionen Euro festzulegen, welches zusätzlich zur Erstattung der neuen HCV-Substanzen zur Verfügung steht; dieses zusätzliche Budget könnte für 2015 noch höher ausfallen und laut KBV „etwa eine Milliarde Euro“ betragen, allerdings sei dies nur eine vorläufige Schätzung.3

Die Behandlung der Hepatitis C hat sich in den vergangenen Jahren rasant weiterentwickelt. Aufgrund der neu zugelassenen Interferon-freien Therapien stellt das Jahr 2014 einen Wendepunkt in der Behandlung der Hepatitis C dar. Auf dem amerikanischen AASLD-Leberkongress in Boston erklärte Prof. Michael W. Fried, dass die Heilung der Hepatitis C künftig bei fast allen Patienten möglich sei; ein Hindernis sei nicht mehr die medizinische Machbarkeit, sondern eigentlich nur noch die Kosten und der Zugang zu den neuartigen Therapien.

Autor: Redaktion Leberhilfe | Köln

Quelle:

1) Pressemeldung der Firma Gilead Sciences, Foster City, USA, 18. November 2014: EUROPEAN COMMISSION GRANTS MARKETING AUTHORIZATION FOR GILEAD’S HARVONI®▼ (LEDIPASVIR/SOFOSBUVIR), THE FIRST SINGLE TABLET REGIMEN TO TREAT THE MAJORITY OF CHRONIC HEPATITIS C PATIENTS WITH GENOTYPE 1 AND 4.
2) Michael W. Fried: Hepatitis Debrief. AASLD 2014, The Liver Meeting. Oral Presentation 11. November 2014.
3) KBV: „Rahmenvorgaben 2015: 1,8 Milliarden Euro mehr für Arzneimittel“. 23.10.2014. http://www.kbv.de/html/1150_12036.php

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