19. Dezember

EMA-Empfehlung: Vor Hepatitis-C-Therapie auf Hepatitis B untersuchen!

London. Wer eine Hepatitis-C-Therapie plant, sollte sich vorher auch auf eine Hepatitis B untersuchen lassen. Dies empfiehlt die europäische Arzneimittelagentur EMA.

Hintergrund sind mehrere Fälle, wo Patienten beide Infektionen in sich trugen (Koinfektion) und wo die Hepatitis B plötzlich aktiver wurde („Reaktivierung“), als die Hepatitis C durch eine neuartige Therapie ausgeheilt wurde. Es wurde von z.T. schweren Entzündungsschüben und sogar Todesfällen durch Leberversagen berichtet. Eine sorgfältige Beobachtung und – falls nötig – zügige antivirale Behandlung auch der Hepatitis B kann dies wahrscheinlich verhindern.

Eine mögliche Erklärung für die Hepatitis-B-Reaktivierungen ist, dass die beiden Viren sich gegenseitig behindern, wenn Patienten doppelt betroffen sind: Vor allem das Hepatitis-C-Virus ist oft dominanter und scheint das Hepatitis-B-Virus teilweise zurückzudrängen, was die Infektion allerdings nicht „freundlicher“ macht: Koinfizierte haben ein höheres Risiko, dass ihre Leber rascher geschädigt wird als Patienten, die alleine mit einem Erreger infiziert sind. Durch neue Medikamente ist Hepatitis C heute fast immer heilbar geworden. Die Hepatitis-C-Medikamente haben jedoch keine Wirksamkeit gegen das völlig anders aufgebaute Hepatitis-B-Virus. Wenn das Hepatitis-C-Virus verschwindet, kann die Hepatitis B unter Umständen wieder aktiver werden.

Die EMA empfiehlt Ärzten, ihre Patienten vor einer Hepatitis-C-Therapie auch auf eine Hepatitis B zu untersuchen. Falls Hepatitis-C-Patienten bereits wissen, dass sie auch eine Hepatitis B haben (oder hatten), sollten sie dies unbedingt ihren Ärzten mitteilen.

Falls Anzeichen einer Hepatitis B festgestellt werden (selbst wenn diese inaktiv oder vermeintlich „ausgeheilt“ ist), sollte diese je nach Situation entweder überwacht oder behandelt werden.

 

Einfluss auf Leberkrebs-Risiko noch unklar

Nach wie vor unklar ist laut der EMA, ob ehemalige Leberkrebs-Patienten ein erhöhtes Tumor-Rückfallrisiko haben, wenn ihre Hepatitis C durch eine neuartige Therapie elminiert wird.

Verschiedene Studien kamen hier zu widersprüchlichen Aussagen: Zwei Studien aus Spanien und Italien fanden im ersten halben Jahr nach Ende der Hepatitis-C-Therapie, dass ein Drittel der ehemaligen Leberkrebs-Patienten erneut einen oder mehrere Lebertumoren hatte. Bei Zirrhosepatienten ohne Krebs-Vorgeschichte betraf dies mit 3% deutlich weniger Patienten. Eine französische Studie kam wiederum zu anderen Ergebnissen und stellte keine gehäuften Tumorrückfälle fest. Daher ist noch nicht klar, ob das Risiko tatsächlich erhöht ist oder nicht. Falls ja,  wird hier diskutiert, ob ggf. das Immunsystem nach der Hepatitis-C-Ausheilung vorübergehend in der Überwachung der Leber nachlässt – nach dieser Hypothese könnten dann eventuell noch vorhandene Tumorzellen sich stärker vermehren. Diese Theorie ist allerdings umstritten. Eine banalere Erklärung wird ebenfalls diskutiert, dass solch schwer kranke Patienten heute erstmals überhaupt antiviral behandelbar sind; im Zeitalter der Interferontherapie war dies oft nicht mehr möglich, bei den neuen, besser verträglichen Medikamenten dagegen schon. Dies könnte dazu beitragen, dass solch schwer kranke Patienten mit ihrem erhöhten Tumorrisiko erstmals in der Statistik der behandelten Patienten auftauchen. Auch diese Erklärung ist aber nicht allgemein anerkannt; die Diskussion ist noch nicht abgeschlossen.

Grundsätzlich wird allen Zirrhosepatienten empfohlen, sich auch nach Therapieende weiter überwachen zu lassen: Bei Zirrhose egal welcher Ursache bleibt ein Tumorrisiko, auch wenn der Auslöser (hier Hepatitis C) eliminiert ist. Patienten mit Leberkrebs in der Vorgeschichte haben ohnehin ein relativ hohes Risiko für erneute Lebertumoren und sollten sich besonders engmaschig überwachen lassen. Ob dieses Rückfallrisiko nach einer neuartigen Hepatitis-C-Therapie noch stärker erhöht ist oder nicht, ist derzeit auch unter Experten umstritten.

Die Europäische Arzneimittelagentur EMA geht auch dieser Fragestellung nach, ist aber noch zu keinem abschließenden Ergebnis gekommen.

Autor: Redaktion Leberhilfe | Köln

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