22. Mai

Rohes Fleisch: Vorsicht vor Hepatitis-E-Viren

Köln. Die Deutsche Leberhilfe e.V. weist auf eine erhöhte Gefahr von Hepatitis-E-Viren in rohen Fleischprodukten hin. Während die Infektion in Asien hauptsächlich über verunreinigtes Wasser übertragen wird, ist sie auch in Mitteleuropa wesentlich häufiger als gedacht. Hier treten die Erreger vor allem in rohen Schweinefleischprodukten auf, wie aktuell zwei wissenschaftliche Studien belegen: Sie beziehen sich auf Stichproben in der Schweiz und können nach ähnlichen Ergebnissen aus einer Untersuchung im Jahr 20151 auch auf Deutschland übertragen werden.

Nach Moor und Kollegen2 wurde in zehn von insgesamt 90 Fertigprodukten aus rohem Fleisch der Hepatitis-E-Erreger gefunden. In knapp 19 Prozent der untersuchten Leberwürste und bei rund sechs Prozent roher Fleischwürste fanden sich Hepatitis-E-Viren. Bei Giannini und Kollegen3 enthielten etwa 12 Prozent der 102 getesteten Leberwürste den Erreger. In den für diese Untersuchung herangezogenen 18 Salamiwürsten blieb die Stichprobe ohne einen auffälligen Befund. Unklar bleibt für alle untersuchten Wurst- und Fleischprodukte die Frage, wie oft die jeweils gefundene Virusmenge ausreicht, um eine Infektion beim Menschen auch wirklich auszulösen.

Ingo van Thiel, Patientenberater bei der Deutschen Leberhilfe e.V. in Köln, ruft dennoch ein potenzielles Risiko in das Bewusstsein der Verbraucher: „Es gibt keinerlei Grund zur Panik. Dennoch sollten die Menschen wissen, dass beim Verzehr roher Fleischprodukte ein gewisses Risiko besteht, sich mit Hepatitis-E-Viren zu infizieren. Gleichermaßen ist ohnehin bekannt, dass geschätzt jeder sechste Bundesbürger bereits eine Hepatitis-E-Infektion durchgemacht hat, oft ohne es zu wissen. Denn in 99 Prozent der Fälle heilt die Infektion folgenlos ab“. Nur in wenigen Ausnahmen treten Komplikationen auf: „Das sind zumeist neurologische und autoimmune Symptome. Für Menschen, die bereits an der Leber erkrankt oder organtransplantiert sind, kann auch die Lebererkrankung sehr schwer oder chronisch verlaufen“, so van Thiel.

Die Deutsche Leberhilfe e.V. rät Patienten mit einer solchen Vorgeschichte, Rohfleischprodukte eher zu meiden. Bei ungünstigen Verläufen kann eine chronische Hepatitis-E-Erkrankung über wenige Jahre zu einer Leberzirrhose führen. Um die Krankheit zu behandeln, genügt es oftmals, immunsuppressive Medikamente nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt herabzusetzen, um die eigene Immunabwehr wieder in Gang zu bringen. In schweren Fällen kann auch Ribavirin eingesetzt werden, welches für Hepatitis E jedoch nicht zugelassen ist. Um sicherzugehen, sollte Fleisch ausreichend lange gegart werden. Bei 70 Grad Celsius wird das Virus inaktiv, zwischen 5 bis 20 Minuten Erhitzen scheinen hierfür je nach Studienlage genügend.

Dennis Riehle

 

1 Szabo K et al.: Detection of hepatitis E virus RNA in raw sausages and liver sausages from retail in Germany using an optimized method. Int J Food Microbiol. 2015 Dec 23; 215:149-56. doi: 10.1016/j.ijfoodmicro.2015.09.013. Epub 2015 Sep 21.
2 Moor D et al.: Screening of Ready-to-Eat Meat Products for Hepatitis E Virus in Switzerland. Food Environ Virol. 2018 Feb 28. doi: 10.1007/s12560-018-9340-x.
3 Giannini P et al.: Detection of Hepatitis E Virus RNA In Raw Cured Sausages and Raw Cured Sausages Containing Pig Liver at Retail Stores in Switzerland. J Food Prot. 2018 Jan; 81(1):43-45. doi: 10.4315/0362-028XJFP-17-270.

 

 

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