9. Oktober

Hepatitis-B-Therapie beenden? Nur unter ärztlicher Kontrolle!

In einer Leipziger Studie wurden erfolgreiche Auslassversuche durchgeführt. Die Leberhilfe warnt Patienten aber davor, ihre Medikamente ohne ärztliche Rücksprache abzusetzen.

Köln, 9. Oktober 2017. Nach dem Bekanntwerden eines neuen Forschungsansatzes für Hepatitis-B-Infektionen durch Wissenschaftler am Uniklinikum Leipzig warnt die Deutsche Leberhilfe e.V. Patienten davor, ihre Medikamente eigenmächtig abzusetzen. Den Forschern war es gelungen, bei einem Teil der Patienten die Hepatitis-B-Medikation unter kontrollierten Bedingungen zu beenden; allerdings nur nach einer mindestens vierjährigen Dauertherapie und im nicht fortgeschrittenen Krankheitsstadium. Zunächst stieg die Virusmenge wie erwartet wieder an, danach reagierte das Immunsystem mit einem Entzündungsschub, um infizierte Leberzellen zu zerstören; erfreulicherweise verlief die Leberentzündung bei den Studienteilnehmern ohne bleibende Schäden. Die Leberwerte blieben bei der Hälfte der Teilnehmer auch zwei Jahre nach dem Therapieende stabil, wie die Pressestelle der Universität Leipzig erklärte. Bei 20% der Patienten kam es durch die Immunreaktion sogar zu einer Spontanheilung, bei der das Virus im Blut nicht mehr nachweisbar war.

Heilung durch kontrolliertes Absetzen der Medikamente? Dieser Ansatz ist sehr spannend und wurde von vielen Medien aufgenommen. Allerdings ist bei diesem Vorgehen Vorsicht geboten: In der Berichterstattung ging oft unter, dass ein solcher Auslassversuch auch Risiken hat und nur bei bestimmten Patienten funktioniert – und dann nur unter engmaschiger ärztlicher Kontrolle.

Ingo van Thiel, Pressesprecher und Patientenberater der Deutschen Leberhilfe e.V., begrüßt die Studie, macht aber auch auf Risiken aufmerksam, welche mit solch einer plötzlichen Auslassung der Medikation auftreten könnten: „So erfreulich diese Ergebnisse sind: Es wäre brand­gefährlich, wenn Hepatitis-B-Patienten nun glauben, dass sie einfach mal ihre Medikamente absetzen könnten, ohne dies mit ihrem Arzt zu klären und überwachen zu lassen“. In der Berichterstattung vieler Medien werde zu wenig darauf hingewiesen, dass das Absetzen der Medikamente nur unter engmaschiger ärztlicher Beobachtung erfolgen darf: „Entzün­dungs­­schübe in der Leber laufen bei Hepatitis B nicht immer kontrolliert ab. Gerade, wenn bereits eine Zirrhose vorliegt, kann dies sogar zum Leberversagen führen“, warnt van Thiel.

In der Leipziger Studie wurden Auslassversuche daher nur bei Patienten durchgeführt, deren Viruslast schon lange unterdrückt und deren Leber noch relativ unbeschädigt war.

Dennoch ist der Erfolg der Leipziger Forscher ein Lichtblick und könnte mehr Patienten als bisher die Möglichkeit eröffnen, ihre Dauertherapie zu beenden. Van Thiel ergänzt, es sei wünschenswert, wenn über die Erfolge der Leipziger Studie mit mehr Ausgewogenheit berichtet und auf Risiken ebenso wie Chancen hingewiesen werde. Betroffene sollten zunächst den Kontakt zu ihren behandelnden Ärzten suchen und ihn auf die neuen Erkenntnisse der Universität Leipzig ansprechen. Nur Fachärzte können letztlich darüber entscheiden, ob die neuesten Forschungsergebnisse beim einzelnen Patienten wirklich zum Tragen kommen und ein Absetzversuch möglich ist.

Dennis Riehle

 

Quelle: Universität Leipzig. Pressemitteilung 210/2017. Dr. Katarina Werneburg. Pilotstudie: Neuer Behandlungsansatz für Hepatitis B ermöglicht Heilung für viele chronisch infizierte Patienten. 31.08.2017. Link zur Pressemitteilung

Zu Hepatitis B: Die in den meisten Fällen akut verlaufende Infektionskrankheit wird durch Hepatitis B-Viren verursacht und gilt als eine der häufigsten Erkrankungen ihrer Art. Weltweit sind als Zeichen einer abgeklungenen Hepatitis-B-Infektion bei einem Drittel der Bevölkerung Antikörper nachweisbar, in Deutschland bei knapp 4 %. Laut Schätzung der Bundesregierung könnten in Deutschland etwa 300.000 Menschen eine chronische Hepatitis-B-Infektion in sich tragen. Die Übertragung erfolgt durch Blut oder Körperflüssigkeiten. Eine vorbeugende Impfung ist möglich. Bei chronischen Verläufen kann es im Laufe der Jahre zu Spätfolgen wie Leberzirrhose und Leberkrebs kommen. Heutige Therapien mit Tabletten oder Interferon sind in der Regel kontrollierend und noch nicht heilend. An besseren Therapien wird geforscht.

Zur Deutschen Leberhilfe e.V.: Die Deutsche Leberhilfe e.V. ist eine bundesweit tätige Patientenorganisation, die seit 30 Jahren als Schnittstelle zwischen Patienten, interessierter Öffentlichkeit, Politik, medizinischem Fachwesen und der Forschung fungiert. Sie verbreitet Informationen über Lebererkrankungen und Hintergrundwissen in einer verständlichen Sprache, klärt auf, berät in einer Geschäftsstelle mit haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern und wird von einem wissenschaftlichen Beirat begleitet. Die Deutsche Leberhilfe e.V. ist international vernetzt und versteht sich als Teil der Selbsthilfebewegung.

 

Kontakt/V.i.S.d.P.:

Deutsche Leberhilfe e.V.
Krieler Str. 100
50935 Köln
V.i.S.d.P.: Ingo van Thiel
redaktion@leberhilfe.org
https://www.leberhilfe.org
Tel.: 0221/28299890

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