Was ist das?

Autoimmune Hepatitis (AIH) ist eine seltene Leberkrankheit, bei der das eigene Immunsystem aus ungeklärten Gründen eigene Leberzellen angreift. Dies führt zu einer Leberentzündung (Hepatitis). Autoimmune Hepatitis kann ein akutes Leberversagen auslösen oder als chronische Krankheit zur Zirrhose führen.

Was ist die Ursache einer Autoimmunen Hepatitis?

Das eigene Immunsystem greift Leberzellen an, weil es nicht mehr zwischen „Fremd“ und „Eigen“ unterscheiden kann. Warum es zu diesem Fehler kommt, ist nicht bekannt. Man vermutet, dass manche Menschen eine genetische Vorveranlagung für eine Autoimmune Hepatitis haben. Kommt bei diesen Betroffenen ein äußerer, zufälliger Auslöser hinzu (z.B. Giftbelastungen, Infektionen oder Schwangerschaften), kann eine schlummernde Autoimmune Hepatitis hierdurch ausbrechen und erstmals auffällig werden. Diese Faktoren sind also nicht die Ursache der Autoimmune Hepatitis, sondern nur ein auslösender Funke.

Ist Autoimmune Hepatitis ansteckend?

Nein, niemals. Autoimmune Hepatitis ist ein Problem, das der Körper mit sich selbst hat. („Hepatitis“ heißt übersetzt nur „Leberentzündung“, nicht jede Hepatitis ist also eine Infektionskrankheit.)

Was sind die Symptome?

Ein Teil der Autoimmune Hepatitis-Patienten spürt vor der Diagnose keine Symptome.

Wenn Symptome auftreten, gehören hierzu z.B. Müdigkeit, leichte grippeähnliche Symptome, heller Stuhl, dunkler Urin, Fieber, rheuma-ähnliche Gelenkschmerzen oder eine Gelbfärbung der Haut/Augen. Auch trockene Schleimhäute, Haarverlust oder ein Ausbleiben der Menstruation wurde in einigen Fällen beobachtet.

Autoimmune Hepatitis kann mit weiteren Erkrankungen und dadurch zusätzlichen Symptomen einhergehen, wie z.B. Schilddrüsenerkrankungen (Hashimoto-Thyreoiditis), PBC oder PSC, Diabetes, entzündlichen Darmerkrankungen, Zöliakie oder einer Nierenentzündung (Glomerulonephritis).

Viele Beschwerden bei AIH entstehen durch Nebenwirkungen der immunsuppressiven Therapie, welche jedoch meist lebensnotwendig ist (s.u.).

Wie kann man eine Autoimmune Hepatitis diagnostizieren?

Die Diagnose der Autoimmunen Hepatitis ist komplex und sollte von erfahrenen Fachärzten gestellt werden. Wichtig ist, auch andere Leberkrankheiten wie z.B. Virushepatitis, eine Fettleber, toxische bzw. Stoffwechsel-Erkrankungen auszuschließen.

Bei Autoimmuner Hepatitis können bestimmte Autoantikörper (z.B. ANA, p-anca oder SMA) messbar sein. Autoantikörper allein können aber eine Autoimmune Hepatitis weder beweisen noch ausschließen. Weiterhin sind auch Leberwerte  und das Immunglobulin G oft erhöht. Wichtig ist eine Leberpunktion, weil sich hier unter dem Mikroskop oft AIH-typische Zellveränderungen erkennen lassen.

In bestimmten Situationen kann es sogar mit einer Punktion schwer sein, zwischen einer Autoimmunen Hepatitis und z.B. einer akut toxischen Schädigung durch Medikamente zu unterscheiden. Das Ansprechen auf eine immunsuppressive Therapie kann in Zweifelsfällen ebenfalls ein Fingerzeig für eine Autoimmune Hepatitis sein.

Wie weit ist die Autoimmune Hepatitis verbreitet?

Hierzu gibt es nur wenige Daten. Je nach Land sollen in Westeuropa 2-17 von 100.000 Einwohnern an einer AIH leiden.

Wie wird Autoimmune Hepatitis behandelt?

Die Therapie wird gewöhnlich mit Immunsuppressiva durchgeführt, die das Immunsystem dämpfen. Hierzu gehören z.B. Predniso(lo)n oder Budesonid, die jeweils mit Azathioprin kombiniert werden. Diese Medikamente können Neben- und Langzeitwirkungen haben, wie z.B. Gewichtszunahme, ein aufgedunsenes Gesicht, Hautprobleme, Blutbildveränderungen und langfristig ein erhöhtes Risiko von Diabetes und brüchigen Knochen (Osteoporose). Ohne Immunsuppression verläuft die Krankheit jedoch in der Regel tödlich.

Durch die Medikamente kann die AIH dauerhaft zur Ruhe kommen, was eine normale Lebenserwartung ermöglicht. Meist ist eine langfristige Erhaltungstherapie notwendig, um ein erneutes Auftreten der AIH zu vermeiden.

Es ist keine wirksame „sanfte“, alternativmedizinische Behandlung gegen Autoimmune Hepatitis bekannt. Als Vorbeugung gegen Osteoporose werden jedoch oft Calcium- und Vitamin-D3-Präparate genommen.

Schreitet die Autoimmune Hepatitis trotz Therapie voran und entsteht eine Zirrhose mit Komplikationen, kann eine Lebertransplantation weiterhelfen.

Sind AIH-Patienten eine Risikogruppe für COVID-19?

Aufgrund der Coronakrise haben viele AIH-Patienten Sorge, ihr Immunsystem durch die Medikamente gegen COVID-19 zu schwächen. Deswegen eine Warnung vorweg: Setzen Sie bitte NICHT in Eigenregie Ihre Immunsuppressiva ab, „um mein Immunsystem zu stärken“. Ändern Sie bitte auch nicht selbst die Dosis, es sei denn, dass Ihre behandelnden Fachärzte Ihnen dies empfehlen. Sie riskieren sonst schwere oder sogar lebensgefährliche Leberschäden durch Ihre Autoimmune Hepatitis.

Die europäischen Verbände EASL und ESCMID erklärten im August 2020, dass sie bei AIH-Patienten mit COVID-19 in der Regel von Dosisreduktionen der Immunsuppressiva abraten. Nur unter bestimmten Umständen solle darüber nachgedacht werden: z.B. bei einer medikamenten-bedingten Lymphopenie oder, wenn bei schwer COVID-19-Kranken noch eine Bakterien- oder Pilzinfektion hinzukomme. Auch dann müsse die Entscheidung über eine Dosisreduktion immer zunächst im Einzelfall mit einem/r Facharzt/Fachärztin geklärt werden.

Aktuelle Daten aus internationalen Registern zeigen, dass eine Immunsuppression bei autoimmuner Hepatitis nicht das Risiko schwerer COVID-Verläufe erhöht.

Im Juni 2020 zeigte das Immunsuppressivum Dexamethason eine positive Wirkung bei schwer kranken Covid-19-Patienten und verbesserte die Überlebensraten.

Ob AIH-Patienten mit anfänglicher Lebererkrankung bereits ein erhöhtes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben, ist unklar. Bei Leberzirrhose (unabhängig von der Ursache) werden häufiger schwere und tödliche COVID-19-Verläufe beobachtet als bei Menschen mit anfänglicher Lebererkrankung oder gar Gesunden. Schwere Lungenerkrankungen durch COVID-19 sind bei Zirrhosepatienten die größte Gefahr. Allerdings kann auch eine Zirrhose unter einer solchen Infektion dekompensieren.

Aktuelle Informationen zum neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 bei Leberkranken finden Sie auf unserer Webseite unter https://www.leberhilfe.org/coronavirus/

Können AIH-Patienten sich gegen das neuartige Coronavirus impfen lassen?

Ja. Die Deutsche Leberhilfe e.V. empfiehlt die Impfung gegen SARS-CoV-2 ausdrücklich auch für Menschen mit autoimmuner Hepatitis. COVID-19-Impfstoffe enthalten keine vollständigen oder infektionsfähigen Viren, sodass keine Ansteckung erfolgt. Immunsuppressive Medikamente können eventuell die Wirksamkeit der Impfung einschränken, sollten aber weiter so eingenommen werden wie vorgeschrieben. Vorerkrankungen, schwere Allergien und eine eventuelle Neigung zu Thrombosen sollten im persönlichen Beratungsgespräch vor der Impfung aber immer angegeben und besprochen werden.

Die Befürchtung, dass eine Coronaimpfung in seltenen Fällen eine autoimmune Hepatitis erstmals auslösen könnte, wurde über ein Jahr diskutiert und auch von der Leberhilfe aufmerksam verfolgt. Entsprechende Verdachtsfälle wurden untersucht und ausgewertet. Aktuell wird von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA ein Kausalzusammenhang jedoch verneint: Stattdessen wird von zeitlichen Zufällen ausgegangen (Stand: Mai 2022). Der Grund: Neudiagnosen einer autoimmunen Hepatitis treten bislang nach Impfungen nicht häufiger auf als bei Ungeimpften. Zudem stellte sich bei vielen Verdachtsfällen später heraus, dass die AIH schon länger vor der Impfung vorgelegen hatte; erkannt wurde dies an Vernarbungen der Leber, die erst nach längerer Erkrankung auftreten. Zwischen Dezember 2020 und Mai 2022 wurden drei Viertel der deutschen Bevölkerung mehrfach geimpft, was auch für Menschen zutrifft, deren autoimmune Hepatitis in dieser Zeit erstmals diagnostiziert wurde. Ein beträchtlicher Teil der AIH-Neudiagnosen wird bereits aus diesem Grund in zeitlicher Nähe zu einer der Impfungen auftreten. Dennoch sollen und müssen Verdachtsfälle weiterhin gemeldet werden; sollte sich die Datenlage und die Einschätzung der EMA noch einmal ändern, werden wir hier und in der Rubrik www.leberhilfe.org/coronavirus hierüber zügig berichten.

Weitere Informationen zu Autoimmunen Hepatitis

Die Deutsche Leberhilfe e.V. bietet eine 52-seitige Broschüre zum Thema Autoimmune Hepatitis an, die Sie unter diesem Link finden, dort noch mit der früheren Schreibweise „Autoimmunhepatitis“.

Auch in unserem Magazin “Lebenszeichen – das Lebermagazin” ist die Autoimmune Hepatitis häufig ein Thema. Sie können dieses Heft entweder einzeln bestellen oder im Rahmen einer Mitgliedschaft bzw. eines Abonnements viermal im Jahr erhalten:
Link zu den Lebenszeichen (Übersicht)
Link mit Informationen zur Mitgliedschaft

2017 wurde eine deutsche Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von autoimmunen Leberkrankheiten (inklusive Autoimmune Hepatitis) veröffentlicht, an der verschiedene Fachgesellschaften sowie Patientenvertreter der Leberhilfe und anderen Verbänden beteiligt waren:
Link zur deutschen Leitlinie für autoimmune Lebererkrankungen (AILE)

 

Köln | 05/2022 | Redaktion Leberhilfe

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